Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten

Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten

Genau dort auf der Altholzinsel bei Windisch hat der Kanton Aargau die unglaublich seltenen Zweiblatt-Eschenmischwälder kartiert. Und das unglaublich seltene Zweiblatt hat auch noch gerade Blütezeit - von Mai bis August. Eine Kamerapirsch durch eben jene Waldgesellschaft verspricht also einen echten Juwelenfund.

Um die 70 einheimische Orchideenarten gibt es in der Schweiz. Und zumindest eine davon sollte auch irgendwo in den Auenwäldern beim Wasserschloss in Vogelsang AG ihre Wurzeln geschlagen haben: das Zweiblatt (Listeria ovata), beschrieben als „unscheinbare Pflanze mit deutlich genervten Laubblättern“. Keine Baumarktschönheit aus holländischer Zucht, sondern eine wertvolle Schweizer Rarität.

Der Boden im Auenwald ist aber grösstenteils immer noch von üppigem Bärlauchgrün bedeckt, kein Zweiblatt weit und breit und an lichten Stellen beginnen kleine Eichen ihre Baumkarriere.

Jungeichen

Die Auenholzwälder sind generell Wälder mit einer üppigen Krautschicht. Dazu gehören beispielsweise Liguster, Heckenkirsche oder Traubenkirsche


Standortfremde Arten sind in diesen sehr fragilen Waldgesellschaften immer ein Störfaktor und müssen demnach auch regelmässig entfernt werden. Schrecken aller Artenschützer ist dabei das drüsige Springkraut, das in der Schweiz zu den verbotenen Neophyten zählt und demnach ebenso erbittert wie auch erfolglos bekämpft wird. Mit seinem amokartigen Wachstum verdrängt es einheimische Arten und hat sicher auch das Zweiblatt gefressen, denn von dem gibt es nach wie vor keine Spur.

Auch die immer wieder auftauchende Goldrute gehört zu den unerwünschten Pflanzen. In aufwändiger Handarbeit müssen auch diese immer wieder entfernt werden, um die hiesigen Pflanzengesellschaften vor einer totalen Übernahme zu schützen.


Was hingegen in den Auenwald gehört, sind die Wald-Zwenke, die Hänge Segge, der Winter-Schachtelhalm und der Aronstab

und schliesslich der Weissdorn, an dem sich doch noch eine echte Sensation findet (nein, immer noch kein Zweiblatt): Eine bzw mehrere Haarschnecke(n), und zwar die Gemeine Haarschnecke

Haarschnecken sind zwar weit verbreitet, allerdings leben sie sehr verborgen, weswegen man sie nicht oft zu Gesicht bekommt. Ältere Exemplare haben meist keine Haare mehr und Schnecken, die in einer trockeneren Umgebung leben, sind ebenfalls haarlos. Die Haare sind fädige Auswüchse des Schneckenhauses und bedeuten einen erheblichen Mehraufwand für die jeweilige Schnecke. Lange haben Wissenschaftler darüber diskutiert, was die Schnecke nun von ihren Haaren haben könnte, und Forscher von der Universität Frankfurt am Main haben schliesslich das Rätsel gelöst: Die Schnecke haftet mit ihren Haaren besser auf feuchten bis glitschigen Pflanzen.


An den etwas erhöhten Stellen im Auenwald haben sich Buchen breitgemacht.


Echte (Hartholz)Auenwaldbäume hingegen sind Eschen und die mächtigen Schwarzpappeln


Charakteristisch für den Auenwald ist, dass er immer wieder durch den Fluss neu gestaltet wird, wobei auch der ein oder andere Baum dran glauben muss


Dramatischer sind allerdings die sich verändernden klimatischen Verhältnisse. Aufgrund derer ist wohl davon auszugehen, dass der Auenwald irgendwann Geschichte sein wird. Also: Den mystischen Auenwald geniessen, solange er noch da ist.


Der grüne Diamant allerdings, der war und blieb unauffindbar auf diesem Streifzug. Eine Erklärung dafür ist, dass diese Orchideen sehrsehr selten geworden sind. Der Stickstoffeintrag aus Luft und Regen überdüngt die Böden, was das Ende jeder (Erd)Orchidee bedeutet. Ausserdem  war der April 2020 grössenteils regenfrei, weswegen sich viele Orchideen gar nicht entwickeln konnten.